25.04.2023 D: Konzepte und Politik Mattern, Peters, Rambausek-Haß: Beitrag D5-2023

Zur Umsetzung der Partizipation in der Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung – Forschungsstand

Die Autorinnen von der Humboldt-Universität zu Berlin gehen auf die rechtlichen Neuregelungen zur Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung des Bundesteilhabegesetzes ein und legen dabei den Fokus auf die Möglichkeiten der Partizipation von Menschen mit Behinderungen an der eigenen Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung. Des Weiteren werden einleitend die Begriffe Bedarf und Partizipation erörtert. Anschließend wird der empirische Forschungsstand zu den Themen Bedarfsermittlung, Teilhabeplanung, Teilhabeverfahren und Partizipation dargestellt. Am Ende des Beitrags werden Forschungslücken identifiziert sowie Forschungsfragen für eine in 2023 geplante Studie formuliert.

(Zitiervorschlag: Mattern, Peters, Rambausek-Haß: Zur Umsetzung der Partizipation in der Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung – Forschungsstand; Beitrag D5-2023 unter www.reha-recht.de; 25.04.2023)

I. Einführung

Seit 2001 sind die Rehabilitationsträger gem. § 10 Abs. 1 SGB IX a. F. dazu verpflichtet, im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten die erforderlichen Leistungen funktionsbezogen festzustellen und diese so zusammenzustellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen. In der Vergangenheit war die Kooperation zwischen den Leistungsträgern jedoch häufig mangelhaft, was teilweise zu Mehrfachbegutachtungen der Leistungsberechtigten führte.[1] Des Weiteren erfolgte die Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung bislang eher einrichtungsbezogen.[2]

Im Zuge des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) sollen die Rehabilitationsträger nun neue, an der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) ausgerichtete Instrumente entwickeln. Das heißt, die Träger wurden über die Anforderung der Funktionsbezogenheit in § 13 SGB IX implizit zur Operationalisierung der ICF in den jeweiligen Arbeitsmitteln und -prozessen verpflichtet.[3]  Das bio-psycho-soziale Modell wird jedoch erst im Zusammenhang mit § 19 SGB IX ausdrücklich genannt.[4] Das bedeutet, dass alle Kontextfaktoren zu berücksichtigen sind, von denen nur die Leistungsberechtigten selbst Kenntnis haben können. Die nun gesetzlich verankerte explizite Ausrichtung der Bedarfsermittlung an der ICF erfordert somit zumindest die Mitwirkung der Leistungsberechtigten. Durch die Neuerungen soll diese im Sinne der Personenzentrierung verbessert und Mehrfachbegutachtungen verhindert werden.

Christiane Möller (Forum behinderter Juristinnen und Juristen, FbJJ) fasst zusammen, was unter dem Gesichtspunkt der Partizipation für eine bessere Teilhabeplanung nötig ist: „[…] ein einheitliches Rehabilitationsrecht. Dafür braucht es ein hohes Maß an Verbindlichkeit der Regelungen im ersten Teil des SGB IX, wobei wirklich alle Rehabilitationsträger gleichermaßen eingebunden sein müssen.“[5] In Teil 1 des neuen SGB IX wurden Regelungen erlassen, die das Verfahren so gestalten sollen, dass die Nachteile des gegliederten Rehabilitationssystems abgemildert werden; Leistungsberechtigte sollen schnell eine Entscheidung zu ihrem gestellten Antrag oder zu ihrem bekannt gewordenen Bedarf erhalten.[6] In der Regel benötigen Menschen mit Behinderungen die beantragten Leistungen zeitnah, weshalb die Einhaltung von Fristen so wichtig ist. Mit § 14 SGB IX soll mehr Verbindlichkeit hergestellt werden. Werden Leistungen mehrerer Reha-Träger in Anspruch genommen, soll dafür Sorge getragen werden, dass diese „wie aus einer Hand“ erbracht werden.[7]

Ziel des Beitrags ist es, einen Überblick über die geltenden Anforderungen an das Bedarfsermittlungsverfahren und die Teilhabeplanung und deren Erfüllung zu geben, wobei die individuelle Ausgestaltung der Partizipation im Verfahren der Bedarfsermittlung als gesellschaftliche Rahmenbedingung bzw. personenbezogene Dienstleistung im Mittelpunkt steht. Dazu erfolgt zunächst die Klärung der dafür zentralen Begriffe „Partizipation“ und „Bedarf“, um im Anschluss auf die Neuregelungen durch das BTHG einzugehen. Auch bei der sich anschließenden Darstellung des Forschungsstandes liegt der Schwerpunkt darauf, inwiefern der Realisierung der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen im gesamten Verfahren aktuell Rechnung getragen wird. Zum Abschluss werden die empirischen Befunde diskutiert und Forschungslücken identifiziert. Die Ergebnisse werden für eine geplante Studie an der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts „Zugänglichkeit – Inklusion – Partizipation. Nachhaltige Teilhabe an Arbeit durch Recht“ (ZIP-NaTAR) handlungsleitend.

II. Begriffsverständnisse

1. Partizipation

Partizipation besteht Schnurr zufolge aus Teilnahme und Teilhabe, also zum einen aus der Beteiligung an gesellschaftlichen Entscheidungen zur Gestaltung der Gesellschaft (z. B. an Wahlen) und zum anderen aus der Teilhabe an gesellschaftlich relevanten „Gütern“ (z. B. Bildung). Unterschieden werden muss zwischen den beiden Begriffen Teilhabe und Partizipation. Während Teilhabe einen „Kernbegriff staatlicher Daseinsfürsorge“ und einen „normativen Bewertungsmaßstab zur Bestimmung von Lebenslagen und sozialer Ungleichheit“ darstellt, besteht der Unterschied zum Begriff der Partizipation darin, dass letzterer eine aktive Mitbestimmung und (politische) Einflussnahme verlangt.[8] Teilhabe ist damit „sowohl Voraussetzung als auch Folge gelingender Partizipation“.[9] Folgerichtig sehen Beck et al. in der Teilhabeplanung neben der Mitbestimmung über das Stimmrecht – demokratietheoretisch betrachtet – eine Form der Partizipation, denn politische Partizipation durchzieht alle Lebensbereiche.[10] Warum braucht es Partizipation (in der Bedarfsermittung)? Schnurr führt drei Gründe dafür an:

  1. Eine Demokratie ist auf Partizipation angewiesen und wird von ihr legitimiert. Ohne soziale Rechte können die Mitwirkungsrechte jedoch nicht ausgeübt werden. Ideal wäre es, wenn demokratische Strukturen in den sozialen Bereich übertragen würden und die Leistungsberechtigten an den Entscheidungen über soziale Leistungen partizipieren könnten.
  2. Betrachtet man die Leistungserbringung als personenbezogene Dienstleistung, die ohne Interaktion und Beziehungen nicht auskommt, ist mindestens die Anwesenheit der Leistungsberechtigten, aber auch ihre Mitwirkung erforderlich, weil die Leistungen deren Leben beeinflussen (sollen).
  3. Die dritte Begründung hängt mit dem ersten Punkt zusammen. Partizipation muss durch Ausübung erlernt werden, weshalb Bildungseinrichtungen partizipativ arbeiten sollten. Ohne diesen Lernprozess kann eine Demokratie nicht bestehen. Es braucht jedoch keine besondere Kompetenz oder ein bestimmtes Verhalten, um zur Mitwirkung berechtigt zu sein. In diesem Prozess muss die Machtasymmetrie zwischen den Akteuren reflektiert und ausgeglichen werden.[11]

Partizipation ist zudem ein sehr voraussetzungsvoller, sozialer Austauschprozess, bei dem individuelle Bedürfnisse verhandelt und Machtstrukturen wirksam werden.[12] Es stellt sich die Frage, inwiefern eine nur formal vorgesehene Beteiligung an der Bedarfsermittlung eine wirksame Partizipation ermöglicht oder lediglich vorhandene Machtverhältnisse absichert.[13] Denn um Partizipation zu ermöglichen, müsste Entscheidungsmacht auf die Leistungsberechtigten übertragen werden.[14] Das Individuum muss dabei ein Interesse daran haben, sich zu beteiligen. Die Beteiligung muss als sinnvoll und wirksam erachtet werden, denn wer keinen Sinn in der Beteiligung sieht, wird auch kein Interesse an Partizipation haben. Voraussetzung hierfür ist, dass die Beteiligung anschlussfähig an vorhandene Ressourcen und vorherige Erfahrungen ist oder dass partizipatives Handeln im Vorfeld erlernt wird. Auch die erworbene Bildung und die soziale Zugehörigkeit beeinflussen Partizipationsprozesse. Fehlen diese Bedingungen, etablieren sich Beteiligungsformen, die verhindern, dass marginalisierte Gruppen Partizipation als Chance für die Selbstbestimmung erleben und dazu führen, dass sie Beteiligung als weiteren „,Ort des Ausschlusses‘“[15] auffassen.[16] Es besteht die Gefahr, dass das Interesse an Partizipationsprozessen auf diese Weise (weiter) abnimmt und Ungleichheitsverhältnisse stabilisiert werden.[17] Die Motivation zur Partizipation sinkt zusätzlich, wenn subjektiv bedeutsame Lebensräume nicht kongruent zu den von extern vorgegebenen Gestaltungspielräumen sind.[18] Deshalb kann bei all diesen Punkten Unterstützung erforderlich sein, die ermächtigt und auf Ansprüche, Chancen und den Sinn von Partizipation aufmerksam macht. V. Unger geht im Kontext partizipativer Forschung davon aus, dass erst durch Prozesse des Empowerments Beteiligungschancen so genutzt werden können, dass sie langfristig zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe beitragen.[19] Schnurr zitiert eine Studie von Hitzler und Messmer[20], in der deutlich wird, dass eine Beteiligung am Entscheidungsprozess nicht gleichbedeutend mit einer Beteiligung an der Entscheidung ist.[21] Vor diesem Hintergrund sind ggf. die Ergebnisse zur Implementierung der Bedarfsermittlungsinstrumente (siehe Abschnitt V.1) zu verstehen.

2. Bedarf

Schäfers und Wansing (2016) zufolge ist der Bedarfsbegriff zwischen Lebenswelt und Hilfesystem zu verorten: „Im Bereich der Rehabilitation werden subjektive Bedürfnisse in sozialstaatliche Bedarfskategorien transformiert, damit sie anschlussfähig an verobjektivierte sozialrechtliche Anspruchs- und Leistungskategorien werden und durch konkrete soziale Güter und Dienstleistungen bearbeitet werden können.“[22] Es wird unterschieden zwischen einem objektivierbaren (mess- und beschreibbaren) Bedarf und einem subjektiven Bedürfnis; umstritten ist, inwiefern ein Bedarf objektivierbar ist.[23] Im Sozialrecht wird davon ausgegangen, dass der Bedarf „zumindest im Umfang des Leistungsanspruchs objektivierbar“ ist, wobei das Leistungsrecht und § 19 Abs. 1 S. 1 SGB IX von „erforderlichen“ Leistungen sprechen. Das sind Leistungen, die zur Erreichung des Leistungsziels notwendig sind und ein objektives Element voraussetzen.[24] Die Bestimmung dieser Ziele ist jedoch nicht ohne subjektive Komponente (die Bewertung durch die leistungsberechtigte Person) möglich.[25] Bedarfsgerecht sind im Rehabilitations- und Teilhaberecht Leistungen, die benötigt werden, um die Ziele gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1–4 SGB IX zu erreichen, nämlich Behinderung oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, Teilhabe am Arbeitsleben und persönliche Entwicklung zu ermöglichen.

III. Neuregelung des Verfahrens durch das BTHG

1. Ablauf der Teilhabeplanung

Die Bedarfserkennung ist Voraussetzung für den Beginn eines Rehabilitationsverfahrens.[26] Gem. § 12 SGB IX müssen die Rehabilitationsträger sicherstellen, dass ein Rehabilitationsbedarf frühzeitig erkannt und darauf hingewirkt wird, dass Leistungsberechtigte entsprechende Anträge stellen. Dazu sollen die Rehabilitationsträger gem. § 12 SGB IX geeignete barrierefreie Informationsangebote (zu möglichen Leistungen und ihren Zielen, dem Antragsverfahren, Beratungsangeboten und der Möglichkeit, Leistungen als Persönliches Budget auszuführen) bereitstellen und vermitteln. Es sind Ansprechstellen zu benennen, an die sich Menschen mit Behinderungen, Arbeitgeber und andere Reha-Träger wenden können.

Stellen Leistungsberechtigte einen Antrag, so hält § 14 SGB IX eine wichtige Fristenregelung im Sinne einer Verbesserung der Teilhabe bereit: Wer als Reha-Träger innerhalb von zwei Wochen einen Antrag weitergeleitet bekommt oder seine Zuständigkeit feststellt, wird automatisch verantwortlich für die Bedarfsermittlung und gilt fortan als leistender Rehabilitationsträger und Ansprechpartner für den Menschen mit Behinderungen sowie ggf. andere beteiligte Reha-Träger. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt spätestens nach acht Wochen, ohne Teilhabeplankonferenz nach sechs. Die Einhaltung dieser Fristen wird vom leistenden Reha-Träger überwacht.[27]

Damit eine Entscheidung über den jeweiligen Antrag und den damit verbundenen Wunsch auf bestimmte Teilhabeleistungen getroffen werden kann, muss der leistende Rehabilitationsträger den Bedarf ermitteln. Dabei werden auf individueller Ebene Informationen zur Prüfung bzw. Konkretisierung eines vorliegenden Teilhabebedarfs erhoben, gebündelt und ausgewertet.[28] Die Bedarfsermittlung ist als ein Verständigungs- und Erarbeitungsprozess zwischen Reha-Fachkraft und Leistungsberechtigtem zu verstehen[29] bzw. als personenbezogene Dienstleistung im Sinne Schnurrs (siehe S. 4). Sie findet jedoch auch – je nach Phase im Rehabilitationsprozess[30] – bei Leistungserbringern statt.[31] Die Auslagerung der Bedarfsermittlung an die Leistungserbringer[32] wird z. T. kritisch gesehen, so z. B. von Thomas Schmitt-Schäfer: „Diese Variante hat zur Folge, dass sich die Leistungserbringer dem Verdacht einer selbst beschafften Leistung aussetzen, während andererseits die Leistungsträger gefährdet sind, die eigene fachliche Verantwortung und ihre Gewährleistungsverpflichtung gegenüber den leistungsberechtigten Personen [gem. § 13 SGB IX] zu vernachlässigen.“[33] Bei der Bedarfsermittlung kommen länder- und trägerspezifische Bedarfsermittlungsinstrumente zur Anwendung, die eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung gewährleisten sollen.[34] Für die Koordinierung von Leistungen ist es notwendig, dass „trägerübergreifend nach möglichst einheitlichen Maßstäben der Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs“[35] zusammengearbeitet wird. Gem. § 13 Abs. 1 S. 1 letzter HS SGB IX müssen und können die Instrumente jedoch nicht in allen Rechtskreisen identisch sein, um trägerspezifische Spielräume zu lassen und den unterschiedlichen Organisationsformen und Arbeitsabläufen Rechnung zu tragen.[36]

§ 13 SGB IX regelt, welche Kriterien die Bedarfsermittlung erfüllen muss. Eine Bedarfsermittlung muss u. a. individuell und funktionsbezogen sein. Dies kann nicht ohne die Beteiligung der Leistungsberechtigten erfolgen. Gem. § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB IX sollte eine Bedarfsermittlung außerdem zielorientiert erfolgen. Zielorientiert ist eine Bedarfsermittlung, wenn die Teilhabeziele gemeinsam mit der leistungsberechtigten Person festgelegt und die Leistungen so ausgewählt werden, dass diese Ziele erreicht werden können. An dieser Stelle ist die Beteiligung der betroffenen Person unumgänglich, auch weil Beteiligung motivieren kann, die Ziele zu erreichen.[37]

Die Bedarfsermittlung soll nach § 14 Abs. 2 SGB IX umfassend erfolgen. Das bedeutet, dass die Person, ihre gesamte Lebenswelt und mögliche weitere – nicht beantragte aber in Frage kommende Leistungen betrachtet bzw. geprüft werden müssen.[38] Eine solche Betrachtung und Prüfung stellt ohne ein Gespräch mit der leistungsberechtigten Person eine enorme Herausforderung dar.

Zudem müssen alle Akteure hierfür interdisziplinär zusammenarbeiten. „Es wird nur mit ausreichendem und allseitig kompetentem Fachpersonal möglich sein, Bedarfe fristgerecht und umfassend sowie trägerübergreifend festzustellen und hierüber zu entscheiden.“[39] Das heißt, es bedarf der Fortbildung von Fachkräften, mindestens zum Leistungsportfolio der anderen Träger.

Die Bedarfsfeststellung ist das Ergebnis des Prüfungs- und Abwägungsprozesses des Leistungsträgers über die erforderlichen Leistungen[40] und ist Grundlage für die Entscheidung über einzelne Leistungen.[41] Dabei können auch Bedarfe festgestellt und konkretisiert werden, denen (noch) keine Sozialleistung entspricht.[42]

2. Neue Formen der Beteiligung

Eine Neuerung im Sinne der Beteiligung betrifft u. a. den Teilhabeplan und die Teilhabeplankonferenz. § 19 SGB IX n. F. ist z. T. aus § 10 SGB IX a. F. hervorgegangen. Neu ist, dass § 19 SGB IX Regelungen dazu enthält, dass unter bestimmten Bedingungen ein Teilhabeplan erstellt wird und auch, wer diesen erstellt und welche Punkte er enthalten muss. Umfasst der Bedarf mehrere Leistungsgruppen eines oder mehrerer Rehabilitationsträger oder wünscht die leistungsberechtigte Person dies, erstellt der leistende Rehabilitationsträger gem. § 19 SGB IX innerhalb der für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Frist (acht Wochen) einen Teilhabeplan. Er dokumentiert u. a. die Feststellungen über den individuellen Rehabilitationsbedarf auf Grundlage der Bedarfsermittlung nach § 13 SGB IX, die eingesetzten Bedarfsermittlungsinstrumente, ggf. die gutachterliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit nach § 54, die Einbeziehung von Diensten und Einrichtungen bei der Leistungserbringung sowie die Teilhabeziele. Der Teilhabeplan wird bei der Entscheidung über den Antrag zugrunde gelegt.

Ähnliches gilt bei der Teilhabeplankonferenz. Der leistende Reha-Träger kann zur gemeinsamen Beratung der Feststellungen gem. § 20 SGB IX eine Teilhabeplankonferenz mit allen Beteiligten durchführen. Die leistungsberechtigte Person muss der Durchführung zustimmen. Alle Beteiligten, also auch die leistungsberechtigte Person, können eine Teilhabeplankonferenz vorschlagen. Wenn eine Teilhabeplankonferenz abgelehnt wird, ist diese Entscheidung gegenüber der leistungsberechtigten Person zu begründen. Ein solcher Grund ist z. B. die Einigung darauf, dass der Bedarf schriftlich ermittelt werden kann. Der zweite zulässige Grund ist ein, im Vergleich zur beantragten Leistung, zu hoher Aufwand. Geht es um Kinderbetreuungsleistungen für Eltern mit Behinderungen, darf eine Teilhabeplankonferenz nicht abgelehnt werden. Wird von Ermittlungen im Rahmen der Teilhabeplankonferenz abgesehen, ist dies nur möglich, „wenn es auf die ungeklärte Tatsache nicht ankommt, sie offenkundig ist oder als wahr unterstellt werden kann oder das Beweismittel unerreichbar ist“.[43]

Leistungsberechtigte Personen können Vertrauenspersonen, Beistände und Bevollmächtigte (§ 13 SGB X) an der Konferenz beteiligen. Sie müssen sich also nicht zwingend selbst äußern oder erscheinen. Gem. § 20 Abs. 3 S. 2 SGB IX können auf Wunsch oder mit Zustimmung der Leistungsberechtigten auch Rehabilitationsdienste und Rehabilitationseinrichtungen sowie sonstige beteiligte Leistungserbringer an der Teilhabeplankonferenz teilnehmen.

In den Gemeinsamen Empfehlungen „Reha-Prozess“ haben die Reha-Träger (§ 6 Nr. 1–5 SGB IX[44]) detailliert festgehalten, wie die gesetzlichen Regelungen in der Praxis umgesetzt und dabei Menschen mit Behinderungen einbezogen werden sollen. In den Grundsätzen heißt es: „Die Menschen mit Behinderung selbst sind mit ihren Kompetenzen [in Verfahren und Strukturen des Reha-Prozesses, Anm. d. Verf.] einzubinden.“[45] Des Weiteren wird dort formuliert: „In allen Phasen des Rehabilitationsprozesses ist die Beteiligung und Mitbestimmung des Menschen mit Behinderung unter Berücksichtigung seiner Kompetenzen sicherzustellen“ (Herv. d. Verf.).[46] Auch soll mit dem Reha-Prozess selbst bzw. dem Erreichen der Teilhabeziele die Partizipation gestärkt werden.

Zur „Beteiligung des Menschen mit Behinderung“ (§ 45 GE Reha-Prozess) heißt es:

„(1) Der Mensch mit Behinderung ist über die Erfordernisse, Zielstellungen und Vorgehensweisen im Rahmen der Bedarfsermittlung aufzuklären und sowohl vorab als auch im Verlauf des Prozesses durch die Rehabilitationsträger zu beraten und zu begleiten. Seine Wünsche, Vorstellungen Bedürfnisse und persönlichen Ziele im Zusammenhang mit seiner individuellen Teilhabe sind zu erfragen und zu berücksichtigen.

(2) Über das Ergebnis der Bedarfsfeststellung wird der Mensch mit Behinderung durch den danach ergehenden Leistungsbescheid informiert.“

Die Formulierung „zu erfragen“ deutet darauf hin, dass der Reha-Träger aktiv auf die leistungsberechtigte Person zugehen muss.

Außerdem wird in den GE Reha-Prozess die Beteiligung der leistungsberechtigten Person im Zusammenhang mit dem Teilhabeplan und der Teilhabeplankonferenz thematisiert.

3. Besonderheiten bei Leistungen der Eingliederungshilfe

Wenn Leistungen der Eingliederungshilfe beantragt werden, ist immer ein Gesamtplan zu erstellen.

„Anders als der trägerübergreifende Teilhabeplan ist die Erstellung eines Gesamtplans auch dann erforderlich, wenn lediglich Leistungen der Eingliederungshilfe in Betracht kommen. Dies beruht auf dem Verständnis, dass es bei dem Gesamtplanverfahren vorrangig nicht um die Koordinierung von verschiedenen Leistungen und Rehabilitationsträgern geht, sondern es sich um ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Bedarfsermittlung handelt.“[47]

Eine Gesamtplanung findet auch dann statt, wenn die Eingliederungshilfe der zuständige Träger für die Durchführung des Teilhabeplanverfahrens ist oder dieser das Teilhabeplanverfahren anstelle des leistenden Rehabilitationsträgers durchführt.[48] Auf Grundlage der Bedarfsermittlungsergebnisse im Gesamtplan wird ein Bescheid über die Leistungsentscheidung erstellt. [49]

IV. Zwischenfazit: Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung braucht Partizipation

Wenn Partizipation hier u. a. als Einflussnahme auf die eigene Lebensführung verstanden wird, sind Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung ohne Partizipation nahezu unvorstellbar, auch wenn Partizipation nicht explizit im Gesetz genannt wird. Es finden sich jedoch Formulierungen, die auf Partizipation hindeuten bzw. Anforderungen, die sie unabdingbar machen. So ist eine Einbeziehung der leistungsberechtigten Person in die eigene Teilhabeplanung in § 19 SGB IX erwähnt, wobei es nicht immer einen Teilhabeplan gibt, wenn dieser nicht seitens der Leistungsberechtigten eingefordert wird oder es um keine leistungsgruppen- bzw. trägerübergreifende Leistung geht (Bsp. Hilfsmittel). Gleichsam wird hier nicht auf die Art der Beteiligung abgezielt. Des Weiteren wird die Berücksichtigung der Wünsche durch § 8 SGB IX (Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten) gesichert. Hier wird jedoch nicht auf den Prozess der Bedarfsermittlung eingegangen, sondern nur auf die Leistungsentscheidung und die spätere Ausführung von Leistungen. § 117 SGB IX stellt die Beteiligung der leistungsberechtigten Person im Gegensatz dazu ausdrücklich als Maßstab des Gesamtplanverfahrens sicher, das außerdem immer erfolgt. Nimmt man Anforderungen wie die ICF-Orientierung hinzu, wird deutlich, dass es ohne Partizipation keine selbstbestimmte Teilhabe gibt und eine Teilhabeplanung ohne Partizipation deshalb unwirksam bleiben muss. „Die Passgenauigkeit in der Leistungsgewährung sowie der Leistungserfolg werden durch aktive Beteiligung und Mitwirkung der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden gefördert. Zudem steigt die Motivation durch Ernstnehmen und aktives Einbeziehen.“[50] Die Mikroebene betrachtend, wirkt sich Partizipation darüber hinaus auch auf die Ergebniszufriedenheit und Beurteilung des Erfolgs von Interventionen aus.[51] Wenn diese Partizipation als sinnvoll erfahren wurde, wirkt sich das positiv auf zukünftige Beteiligungen aus.

Es wurde dargelegt, dass Partizipation sehr anspruchsvoll ist und Menschen dazu befähigt werden müssen. Besonders schwierig ist dies in diesem Fall, weil Teilhabeleistungen zur Befähigung benötigt werden, diese aber zunächst beantragt und bewilligt werden müssen. Des Weiteren kommt es bei Partizipation auf die soziale Interaktion an, sodass eine Bedarfsermittlung ohne persönlichen Kontakt kaum zielführend sein kann. Das soziale Umfeld kann dazu beitragen, dass Leistungsberechtigte ein Interesse an Partizipation entwickeln.

Schnurr weist außerdem darauf hin, dass Partizipation trotz rechtlich verankerter Möglichkeiten von der jeweiligen Organisationskultur und den professionellen Handlungskompetenzen abhängt.[52] Der Evaluation zur Einführung des Integrierten Teilhabeplans (ITP) in Hessen ist zu entnehmen, dass eine personenzentrierte Teilhabeplanung bestimmte Qualifikationen der Mitarbeitenden erfordert: „Die Entwicklung individueller Teilhabearrangements ist mit erhöhten Anforderungen an Kooperationen mit anderen Stellen sowie an sozialräumliche Aktivierungskompetenz verbunden. Die Mitarbeiter kommen mit diesen Anforderungen unterschiedlich gut zurecht. Vor diesem Hintergrund werden künftig entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter noch bedeutsamer werden“[53].

Das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass leistungsberechtigte Personen durch die Leistungsträger aktiv und barrierefrei über alle relevanten Leistungen informiert, beraten und von Anfang an und über die gesamte Zeit in die Teilhabeplanung einbezogen werden (müssen). Der Unterstützungsbedarf sollte im Vorfeld aktiv erfragt werden.[54] Zusätzliche Beratung erhalten Menschen mit Behinderungen z.B. bei der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB[55]).

So ist die Realisierung von Partizipation abhängig vom Handeln professioneller Akteure, die Partizipationsspielräume eröffnen oder eingrenzen, auch durch an einer bestimmten Zielgruppe orientierte Kommunikation und Interaktion. Leistungsberechtigte werden idealerweise persönlich und ggf. in Begleitung einer Vertrauensperson angehört, um – ihr informiertes Einverständnis vorausgesetzt und nur im Rahmen der Mitwirkungspflicht (§§ 60–67 SGB I) – über ihre Lebenssituation Auskunft geben zu können und den Bedarf umfassend festzustellen. Somit findet Partizipation sowohl „auf der Ebene gesellschaftlicher Einbezogenheit“ statt als auch „auf Ebene von Beziehungen auf interpersoneller Ebene, so dass davon auszugehen ist, dass Partizipation sich auch und insbesondere in der direkten sozialen Interaktion ausdrückt und dort vermittelt wird“.[56] Hier besteht ein wichtiger Zusammenhang mit der Personenzentrierung. Die Rehabilitandin bzw. der Rehabilitand wird zur Hauptakteurin/ Hauptakteur, die bzw. der über die Ausgestaltung der eigenen Teilhabeleistungen mitentscheidet.

V. Empirische Befunde

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der wenigen vorliegenden Studien zur Bedarfsermittlung aufgeführt. Dabei fällt auf, dass nur bei einem geringen Anteil der Studien der Lebensbereich Arbeit abgedeckt wird. Bei der Auswahl und Darstellung der Ergebnisse wurde der Fokus auf Aspekte der Partizipation von Menschen mit Behinderungen gelegt. Ein wichtiges Instrument zur Bedarfsermittlung ist auch der Integrierte Teilhabeplan (ITP), der 2007 entwickelt wurde und sich bereits damals an der ICF orientierte. An dieser Stelle wird nicht näher auf die Begleitstudie[57] eingegangen, weil der ITP bereits vor Einführung des BTHG in einigen Bundesländern (Hessen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Baden-Württemberg) erprobt wurde.

1. Studie zur Implementierung von Instrumenten der Bedarfsermittlung

Da eine Orientierung der Bedarfsermittlungsinstrumente am bio-psycho-sozialen Modell bei der Mehrheit der verwendeten Instrumente vor der BTHG-Reform noch nicht ausreichend war, wurden die Reha-Träger in § 13 SGB IX verpflichtet, dem Folge zu leisten. [58] § 13 Abs. 3 SGB IX sieht eine Evaluation zum Einsatz der Instrumente zwei Jahre nach Einführung dieser Verpflichtung vor, deren ausgewählte Ergebnisse hier vorgestellt werden. Für die „Studie zur Implementierung von Instrumenten der Bedarfsermittlung“ von Diedrich et al. (2019) wurden alle Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX[59] mittels Interviews (n=31), Online-Fragebögen (n=960) und / oder Fokusgruppen-Workshops (n=5) [60] zur Verwendung der Bedarfsermittlungsinstrumente befragt.[61] Im Folgenden wird ausschließlich auf die Ergebnisse der Online-Befragung eingegangen. Die meisten Teilnehmenden (ca. 45 %) sind bei einer Agentur für Arbeit beschäftigt. Mitarbeitende der Eingliederungshilfe stellten ca. 1 % der Befragten.

Das Forschungsteam kommt zu dem Schluss, dass bei allen Trägern nach wie vor die ICD-Diagnose die wichtigste Grundlage der Bedarfsermittlung ist. Eine ICF-Orientierung sei noch ausbaufähig. Die Träger kritisieren einen zusätzlichen Aufwand durch die neue Regelung.[62] „Eine vollständige und umfassende trägerübergreifende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs – unabhängig von der Zuständigkeit oder Leistungsverpflichtung eines Rehabilitationsträgers i. S. v. § 26 Abs. 2 GE-Reha Prozess, die ein nahtloses Ineinandergreifen der Leistungen verschiedener Rehabilitationsträger gewährleisten würde (z. B. i. S. v § 15 SGB IX), findet noch nicht statt.“[63]

Einbeziehung der Leistungsberechtigten

Für diesen Beitrag wird die Partizipation nur bei den Trägern der beruflichen Rehabilitation[64] betrachtet. Bei der Studie zur Implementierung von Bedarfsermittlungsinstrumenten wurden mehrere Items untersucht, wobei hier in der Ergebnisdarstellung auf die folgenden drei Fragen eingegangen wird. Es wurde gefragt:

  • „Wie werden die notwendigen Informationen und Daten für die Bedarfsermittlung bei Ihrem Träger / in Ihrer Organisation erhoben? (Mehrfachnennung)“
  • „Worauf basiert die Ermittlung der individuellen Teilhabebeeinträchtigungen bei Ihrem Träger / in Ihrer Organisation?“
  • „Wie gestaltet sich der Prozess der Einbeziehung der leistungsberechtigten Person und woran wirkt die leistungsberechtigte Person mit?“[65]

Bei der Unfallversicherung geben 94 % der Befragten an, partizipative Gespräche[66] zu führen.[67] Weiterhin antworteten dort 75 % der Befragten, dass die leistungsberechtigten Personen immer in die Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung einbezogen werden.[68] Zwischen 77–81% der Befragten binden Rehabilitandinnen und Rehabilitanden bei der Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung, der Benennung der Ziele und der Auswahl der Leistungen mittels eines persönlichen Gesprächs ein.[69]

Laut eigenen Aussagen der Mitarbeitenden bei der Agentur für Arbeit führen 87 % der Befragten partizipative Gespräche, was über dem Durchschnittswert aller befragten Träger liegt.[70] 57 % der Befragten geben an, dass leistungsberechtigte Personen immer in die Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung einbezogen werden.[71] Über 90 % der Befragten beteiligen leistungsberechtigte Personen durch ein persönliches Gespräch an der Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung, der Benennung der Ziele und der Auswahl der Leistung. Selten genutzte Alternativen sind Telefongespräche oder die schriftliche Form. Es komme nur selten vor, dass die leistungsberechtigten Personen gar nicht einbezogen werden.[72]

44 % der Befragten bei der Rentenversicherung führen partizipative Gespräche.[73] Leistungsberechtigte werden aus der Sicht von 31 % der Befragten immer in die Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung einbezogen.[74] Zwischen 45–59 % der Befragten antworteten, dass persönliche Gespräche geführt werden, um Teilhabebe-einträchtigungen zu ermitteln, Ziele zu benennen und Leistungen auszuwählen.[75]

Die Beteiligung der leistungsberechtigten Personen scheint somit bei der Rentenversicherung am geringsten zu sein. Anzumerken ist, dass bei diesem Träger auch die meisten Anträge (77 %) auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt werden (siehe Teilhabeverfahrensbericht Punkt III.3). Vermutet werden könnte, dass die Anzahl der zu bearbeitenden Anträge bzw. die zur Verfügung stehende Zeit pro Fall einen negativen Einfluss auf die Beteiligungsform oder den Beteiligungsumfang der Leistungsberechtigten hat.

2. Teilhabe als kommunikativer Aushandlungsprozess

In ihrer Studie ging Dobslaw (Dobslaw, Gudrun, 2016) der Frage nach „welche kommunikativen Strategien dazu beitragen, dass Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung als Co-Produzierende in die Planung des Unterstützungsprozesses aktiv eingebunden sein können“.[76] Es wurden fünf per Video aufgezeichnete Teilhabegespräche nach den Prinzipien der Gesprächsanalyse untersucht.[77]

Teilhabepläne können Dobslaw zufolge nur ihre Ziele erreichen, wenn sie partizipativ entwickelt wurden. Um Menschen mit Behinderungen und insbesondere mit kognitiven Beeinträchtigungen einzubinden, bedarf es einer gut durchdachten Kommunikationsstrategie. Für die Analyse der fünf Teilhabegespräche mit Personen, die aufgrund ihres Unterstützungsbedarfs in einer stationären Wohneinrichtung leben, war es wichtig zu verstehen, was von den Gesprächsteilnehmenden vorausgesetzt wurde (Kontext) und wie eine Verständigung über eine gemeinsame Ebene (grounding) hergestellt wurde. Diese Verständigung ist in jedem Gespräch erforderlich, in Gesprächen mit kognitiv beeinträchtigten Menschen jedoch von besonderer Bedeutung. Es kostet Zeit, die sich partizipativ arbeitende Teilhabeplanerinnen und -planer nehmen sollten. Problematisch sei, dass in den Gesprächen i. d. R. keine Verständigung über die Begriffe erfolgt und die erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Zielerreichung zum gemeinsamen Gegenstand der Kommunikation wird. Dies habe mitunter zur Folge, dass Teilhabe nicht mehr als gesellschaftliches Problem, sondern als Ergebnis persönlicher Leistungen von Teilhabeplanerinnen und -planern und Leistungsberechtigten missverstanden werden kann.

Seit Einführung der ICF-Orientierung geht es jedoch nicht mehr allein um die Planung der individuellen Entwicklung, sondern um Unterstützung bei der Überwindung gesellschaftlicher Barrieren. Für manche Menschen ist es wichtig, dass Gespräche, die den gleichen Zweck haben, immer ähnlich aufgebaut sind, damit sie ihre Bedeutung erkennen können. Das aktive Sich-Einbringen in ein Gespräch setzt voraus, dass ungefähr bekannt ist, worüber gesprochen werden soll.[78] Außerdem muss dafür Sorge getragen werden, dass alle Beteiligten dasselbe Verständnis von den Gesprächsinhalten haben und über den Zweck des Gesprächs informiert sind. Dafür bedarf es einer Verständigung (und Bestätigung) über alle wichtigen Begriffe, die genutzt werden (mind. des Begriffs der Teilhabe).

„Die kommunikative Teilhabe in Teilhabegesprächen zu unterstützen, ist Aufgabe der Teilhabeplanenden, denn Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung verfügen weder über die Erfahrung, wie ein sozialrechtlich abgesichertes Teilhabegespräch zu führen ist, noch kann man davon ausgehen, dass ihnen die Regeln und Prinzipien einer aktiven Gesprächsführung – bezogen auf den Kontext dieses Gesprächs – vertraut genug sind.“[79]

Menschen mit Behinderungen, die in stationären Wohneinrichtungen leben, was häufig Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen betrifft, müssen erst einmal zur Partizipation befähigt werden. Dobslaw weist daraufhin, dass eine Machtasymmetrie zulasten der Menschen mit Behinderungen entsteht, wenn sie nicht angemessen auf ein Teilhabegespräch vorbereitet und somit zur Partizipation befähigt werden.[80] Hierfür müssen Teilhabeplanerinnen und Teilhabeplaner sensibilisiert und ausgebildet werden. Des Weiteren müssten die Arbeitsbedingungen so angepasst werden, dass genügend Zeit zur Verfügung steht.

3. Vierter Teilhabeverfahrensbericht

Die Rehabilitationsträger sind nach § 41 Abs. 1 SGB IX dazu verpflichtet, ihre Daten zur Bearbeitung von Anträgen auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe jährlich zu erfassen. Die ermittelten Daten werden gem. § 41 Abs. 2 SGB IX durch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) unter Beteiligung der Rehabilitationsträger ausgewertet und im Teilhabeverfahrensbericht veröffentlicht.

Im Jahr 2021 wurden 476.645 Anträge auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt.[81] Ein Jahr zuvor waren es noch 473.222 Anträge.[82] Diese Zahl wurde als Folge der Corona-Pandemie gewertet.[83] 77 % der Anträge gingen bei der Rentenversicherung (366.287) ein, gefolgt von der Bundesagentur für Arbeit mit 17 % (79.629), der Eingliederungshilfe mit 5 % (23.330) und der Unfallversicherung mit 1,4 % (6.578).[84] Die Bundesagentur für Arbeit leitete Anträge am häufigsten weiter.[85] Die Träger der EGH sind häufig zweitangegangener Träger und werden somit bei Eingang der Anträge zuständig.[86] Bei der EGH kam es in 88 % der Antragsverfahren zu Fristüberschreitungen bei der Feststellung der Zuständigkeit, welche innerhalb von 14 Tagen festzustellen ist.[87] Die dreiwöchige Frist zur Entscheidung über den Gesamtantrag (ohne Einholung eines Gutachtens) wurde von den Trägern der Eingliederungshilfe sogar zu 100 % überschritten, ebenso wie die zweiwöchige Frist nach Vorliegen des Gutachtens.[88] Die Bearbeitung von Anträgen dauert bei der EGH zwischen 71 (Bewilligungen) und 111 Tagen (Ablehnungen und sonstige Beendigung der Bearbeitung). Diese „Erledigungen“ (Ablehnungen u. a.) dauern mit knapp 16 Wochen doppelt so lang wie erlaubt.[89] 3 % der Antragstellenden erhielten eine Mitteilung über eine verlängerte Verfahrensdauer (länger als zwei Monate) gem. § 18 Abs. 1 SGB IX.[90] 25 % der Anträge bei der EGH sind Anträge mit trägerübergreifender Teilhabeplanung (THP). Bei den Anträgen mit Teilhabeplankonferenz (THPK) sind es 3 % der Anträge.[91]

4. Pilotierung „Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB)

Das Teilhabeinstrument Berlin (TIB) wurde 2018 von Markus Schäfers unter Beteiligung der Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen, Leistungserbringern und Teilhabefachdiensten (Leistungsträger) entwickelt und zum 01.07.2021 schrittweise eingeführt.[92] Es orientiert sich an der ICF und wurde eigens für Berlin entwickelt. Dennoch ist es vergleichbar mit Instrumenten in anderen Bundesländern (BENi oder BEI_NRW).[93] Vor der schrittweisen Einführung des TIB wurde dieses durch Mitarbeitende der Eingliederungshilfe und Komorek et al. (2021) von der Evangelischen Hochschule Berlin in der Praxis erprobt und wissenschaftlich begleitet.[94] Im Rahmen der Pilotierung wurden anhand einer Stichprobe (67 Fälle) probeweise Bedarfsermittlungen nach dem TIB durchgeführt und mittels eines quantitativen Fragebogens evaluiert. Für die Dissemination der Prozessergebnisse und das weitere Vorgehen wurde eine Steuerungsgruppe (TIB-Werkstatt) als partizipative Entwicklungswerkstatt eingerichtet. In diesem Rahmen nahmen Vertreterinnen und Vertreter des Fallmanagements, der Leistungserbringer, des Gesundheitsamts und von Selbstvertretungsorganisationen an 16 Gruppendiskussionen teil.[95] Neben strategischen und operativen Zielen zur Implementierung und konkreten Umsetzung des Instruments, lag auch im Erkenntnisinteresse, inwieweit Anforderungen der UN-BRK in Hinblick auf die Bedarfsermittlung erfüllt werden können. Zieldimensionen waren hier vor allem Partizipation, Empowerment, Sozialraumorientierung und Personenzentrierung.[96]

Die Autorinnen und Autoren stellen fest, dass vor „allem Leistungsberechtigte mit wenig oder gar ohne verbalsprachliche Kompetenzen oder solchen, die ihre Lebenssituation und -ziele nicht umfassend oder realistisch einschätzen können z. B. bei psychischen Störungen [...], geistiger Behinderung, Autismus oder auch Kinder und Jugendliche […] im Bedarfsermittlungsverfahren benachteiligt“[97] sind.

Damit ein Höchstmaß an Berücksichtigung von Wechselwirkungen innerhalb der aktuellen Lebenslage der Leistungsberechtigten erreicht werden kann, sollten diese umfassend beteiligt und das Verfahren verständlich und transparent gestaltet werden.

Des Weiteren können Methoden der EGH wie die persönliche Zukunftsplanung und die Teilhabekiste sowie der Einbezug von unterschiedlichen Perspektiven aus dem Umfeld positive Wirkungen auf Empowermentprozesse haben.

Eine große Herausforderung war vor allem der Zeitmangel der Fallmanagerinnen und Fallmanager. An dieser Stelle seien vor allem ausreichend Personalressourcen essenziell. Teilhabeplanerinnen und -planer sollten daher ausschließlich Aufgaben ihrer Rolle entsprechend übernehmen. Zudem wird eine Zusammenarbeit der Mitarbeitenden mit Tandempartnerinnen und -partnern[98] (z. B. Leistungsberechtigte oder Personen aus Selbstvertretungsorganisationen) empfohlen.[99]

Erwartbar ist, dass das Teilhabeinstrument für die Beteiligten nicht als ausschlaggebend für eine gelungene Bedarfsermittlung gesehen wurde, sondern vor allem die Haltung und Kompetenzen der Teilhabeplanerinnen und Teilhabeplaner. In diesem Sinne wurden folgende Schulungsbedarfe für diese eruiert: TIB-Basisqualifikation, ICF-Basisschulung, Schulungen zur Sozialraumorientierung und zur Methoden- und Gesprächsführungskompetenz.[100]

Die durchgeführten Bedarfsermittlungsverfahren wurden als partizipativ bewertet.[101] „Fast 80 Prozent der Bedarfsermittlungen wurden von den Beteiligten auf den höchsten drei Partizipationsstufen (Selbstbestimmung, Mitentscheidung und Mitwirkung) eingeordnet.“[102]

5. Abschlussbericht Bedarfsermittlungsinstrument Baden-Württemberg (BEI_BW)

Auch in Baden-Württemberg erfolgte im Auftrag des dortigen Ministeriums für Soziales und Integration eine wissenschaftliche Begleitung der modellhaften Erprobung des Bedarfsinstruments Baden-Württemberg (BEI_BW) durch die Evangelische Hochschule Ludwigsburg.[103] Erprobt wurde das Instrument (drei der Bögen) in 240 Fällen auf dessen Handhabbarkeit durch vorab geschulte Anwenderinnen und Anwender[104], die im Anschluss zu vier Praxisreflexionstreffen eingeladen wurden.[105] Überprüft wurde im Rahmen von zwei Fokusgruppen-Diskussionen mit Leistungsberechtigten, inwiefern jene ihre Wünsche und Ziele bei der Bedarfsermittlung einbringen konnten und ob sich diese in den ausgefüllten BEI_BW-Bögen wiederfanden.[106] Eine weitere befragte Gruppe waren die  Vertrauenspersonen.[107] Schließlich wurden alle beteiligten Perspektiven bei einer Online-Befragung (inkl. Übersetzung in leichte Sprache) nach ihren Erfahrungen gefragt (n=332).[108] Im Mittelpunkt der Ergebnisdarstellung dieser Evaluation steht die Perspektive der Leistungsberechtigten.

96 % der Befragten (leistungsbeantragende Personen und Vertrauenspersonen) wurden zu Beginn des Gesprächs über Zweck und Ablauf des Gesprächs informiert.[109] Ein weiteres Ergebnis der Befragung war, dass 98 Prozent ihre Anliegen im Gespräch berücksichtigt sahen[110] und viele angaben, auf empathische Personen getroffen zu sein, die sie ernst genommen hätten. Einige empfanden die Dauer der Gespräche jedoch als zu lang und die Fragen als zu kompliziert, nicht passend,[111] nicht nachvollziehbar und bisweilen auch als (zu) intim.[112] Manche berichteten in den Fokusgruppen, dass sie in den Gesprächen darauf hingewiesen wurden, dass ihre Wünsche nicht realisierbar seien und daraufhin aufgefordert wurden, möglichst realitätsnahe Wünsche zu äußern.[113] Bzgl. des Bogens äußerten die leistungsberechtigten Personen, dieser sei einerseits umfangreich, detailliert und enthalte (fast) alles Wichtige, wobei andere darauf hinwiesen, dass der Bogen zu lang sei oder einige Aspekte des Gesprächs im ausgefüllten BEI_BW fehlten.[114]

6. Der inneren Existenz Raum geben – Partizipation von Menschen mit psychischer Behinderung in Prozessen örtlicher Teilhabeplanung

Bei der folgenden Studie geht es um Prozesse örtlicher Teilhabeplanung, d. h. um eine „umfassende[…], auf die Verfügbarkeit von unterstützenden Leistungen und auf die Gestaltung der Kontextfaktoren im Sinne von Zugänglichkeit zielenden Teilhabeplanung auf regionaler Ebene.“[115] Demnach handelt es sich nicht um eine individuelle Bedarfsermittlung, sondern um einen politischen und behördeninternen Prozess, der der Erkenntnis geschuldet ist, dass Menschen mit Behinderungen nicht nur durch ihre Beeinträchtigung in ihrer Funktionsfähigkeit und Aktivitäten behindert sind, sondern auch durch gestaltbare gesellschaftliche Kontextfaktoren behindert werden.[116] Im Rahmen seiner qualitativen Studie befasst sich Matthias Laub (2021) u. a. mit der Frage, welche sinnbezogenen Einflussfaktoren sich für eine gelingende bzw. misslingende Beteiligung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen bei der örtlichen Teilhabeplanung identifizieren lassen.[117] Dazu wurden zwischen 2015 und 2017 Interviews mit u. a. Menschen mit psychischer Beeinträchtigungen geführt, die in der psychiatrischen Selbstvertretung aktiv sind, und mit Menschen mit psychischer Beeinträchtigung, die Nutzerinnen und Nutzer sozialpsychiatrischer Dienste sind.[118] Laub legt zugrunde, dass eine psychische Erkrankung eine subjektive Wirklichkeitserfahrung ist (innere Existenz), die sich in ihrer äußeren Erscheinung im Verhalten und in der sozialen Interaktion zeigt, anhand derer Diagnosen vorgenommen werden, die jedoch nicht immer mit der Sichtweise der Subjekte übereinstimmen.[119] Voraussetzung für eine örtliche Teilhabeplanung ist demnach, eine gemeinsame Wirklichkeit entstehen zu lassen, indem die subjektive Bedeutung der jeweiligen psychischen Erkrankung vermittelt werden kann.[120] Des Weiteren entstehe bei den Betroffenen eine Bereitschaft zur Beteiligung, wenn der Prozess örtlicher Teilhabeplanung „beständig auf die Verteilung von Macht und das Vorhandensein von Zugangsbarrieren hin untersucht wird“.[121] In diesem Prozess dürfe es nicht darum gehen herauszufinden, ob Ansprüche tatsächlich gerechtfertigt sind, sondern darum auf Augenhöhe einen sozialen Austausch darüber zu ermöglichen, wie individuelle Bedürfnisse befriedigt werden können. Letztendlich gehe es nach Ansicht der Befragten darum, „die empfundene erhebliche Kluft zwischen den menschenrechtlichen Anforderungen der UN-BRK und dem tatsächlichen Umgang mit psychisch erkrankten Menschen zu thematisieren, selbst dann, wenn sich dies der kommunalen Einflusssphäre entzieht“.[122]

7. Zusammenfassung des Forschungsstandes und zentraler Ergebnisse zu Partizipationsmöglichkeiten

Welche Partizipationsmöglichkeiten können Leistungsberechtigte aktiv einfordern? Sie können den Wunsch nach einem Teilhabeplan äußern. Außerdem können sie die Durchführung einer Teilhabeplankonferenz vorschlagen. Als Unterstützung dürfen Leistungsberechtigte von Vertrauenspersonen, Beiständen und Bevollmächtigten begleitet bzw. vertreten werden. Leistungsberechtigte können auch die Teilnahme von Leistungserbringern erwirken, die jedoch nicht ohne Zustimmung der leistungsberechtigten Person teilnehmen dürfen. Bei allen anderen Formen der Partizipation sind Leistungsberechtigte auf die Handlung (und das Wohlwollen) des Reha-Trägers angewiesen, weil sie formal rechtlich nicht abgesichert sind.

Bei den befragten Trägern der beruflichen Rehabilitation finden persönliche und/oder partizipative Gespräche statt, womit offenbar nicht dasselbe gemeint ist. Persönliche Gespräche werden bei der Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung, der Benennung der Ziele und der Auswahl der Leistungen geführt. Partizipative Gespräche erfolgen zum einen, um „die notwendigen Informationen und Daten für die Bedarfsermittlung“ zu erheben. Zum anderen soll eine Vertrauensbasis hergestellt werden. Sie werden als sehr zeitintensiv eingeschätzt. Der Umfang der Beteiligung durch Gespräche variiert unter den Trägern, was mit der Zahl der gestellten Anträge zusammenhängen kann.

Die Einbeziehung von kognitiv beeinträchtigten Menschen in ihre Teilhabeplanung erfordert eine gute Vorbereitung der Gespräche durch die Teilhabeplanerinnen bzw. Teilhabeplaner und der beteiligten Personen auf das Gespräch. Menschen mit Behinderungen müssen zur Partizipation befähigt und empowert werden. Außerdem muss eine gemeinsame Kommunikationsbasis geschaffen werden, mindestens indem ein gemeinsames Verständnis des Teilhabebegriffs hergestellt wird.

Die meisten Anträge auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gingen bei der Rentenversicherung ein. Bei der Eingliederungshilfe wurden nur 5 % der Anträge gestellt. Dennoch benötigten die Träger der EGH für negative Bescheide und sonstige „Erledigungen“ fast doppelt so lang wie es zulässig ist.

Die wissenschaftliche Begleitung der Einführung des Teilhabeinstruments Berlin ergab, dass Menschen mit kognitiven, psychischen oder kommunikativen Beeinträchtigungen bei der Teilhabeplanung besonders benachteiligt sein können und besondere Unterstützung benötigen. Der Faktor Zeit wird – wie in der Studie von Diedrich et al. und in Dobslaws Studie – als wichtig für eine zielführende Teilhabeplanung erachtet. Auch hier wird die Notwendigkeit des Empowerments herausgestellt.

Bei der Erprobung des Bedarfsermittlungsinstruments Baden-Württemberg wurden z. T. die Fragen als nicht verständlich oder unpassend bewertet. In einigen Gesprächen sei verlangt worden, realistische Wünsche zu äußern. Gespräche und Fragebogen wurden tlw. als zu lang empfunden, andererseits wurde positiv hervorgehoben, dass alles Wichtige erfragt wurde. Dies führt zu der Annahme, dass Teilhabegespräche eine Gratwanderung zwischen gewünschter Ausführlichkeit und Überfrachtung der Gespräche sind.

Laub kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass Menschen mit Behinderungen nicht in die Lage gebracht werden dürfen, die Berechtigung ihrer Ansprüche und Wünsche beweisen zu müssen. Vielmehr müsse Teilhabeplanung ein sozialer Austauschprozess auf Augenhöhe sein.

VI. Diskussion

Komorek et al. plädieren in ihrer Studie für die direkte Befragung der Leistungsberechtigten im Prozess der Bedarfsermittlung, damit „ein qualitätsprüfendes und partizipatives Vorgehen gegenüber den Leistungsberechtigten gewährleistet“ werden kann.[123] Ähnlich sieht es die BAR: „Menschen mit Behinderungen müssen den Sinn, die Bedarfsermittlung selbst und dessen Ergebnis verstehen, um sich einbringen zu können [...] Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind Barrierefreiheit und Transparenz“[124]. Die umfassende Beteiligung der Leistungsberechtigten ist im Rahmen der Bedarfsermittlung formalrechtlich jedoch nur vorgesehen, wenn ein Teilhabeplan oder Gesamtplan erstellt wird. Die Erstellung eines Teilhabeplans ist jedoch nicht der Regelfall. Es wäre für die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen wichtig, die Beteiligung der Leistungsberechtigten bei jeder Bedarfsermittlung gesetzlich sicherzustellen, d. h. auch wenn die Eingliederungshilfe nicht oder nur ein Träger beteiligt ist. Die (untergesetzlichen) Regelungen zur Partizipation in den Gemeinsamen Empfehlungen (GE) sind zu begrüßen. Es fehlt jedoch eine weitergehende Verpflichtung der Reha-Träger (einschließlich EGH und Jugendhilfe) durch den Gesetzgeber, sich an die GE zu halten.

Beim normativen Begriff der Bedarfsgerechtigkeit geht es nicht um soziale Gerechtigkeit, sondern darum, ob eine Leistung dem (formulierten, ermittelten) Bedarf gerecht wird, ihm also angemessen ist, ihn decken kann. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob alle Menschen mit Behinderungen ihren Bedarf umfänglich formulieren können bzw., ob ihr Bedarf partizipativ ermittelt wurde. Die Autorinnen gehen davon aus, dass ein Bedarf nur umfassend und individuell festgestellt werden kann, wenn eine Partizipation gewährleistet wurde. Voraussetzung dafür ist die Befähigung der Menschen mit Behinderungen zur aktiven Beteiligung an der Bedarfsermittlung. Dabei ist zu beachten, dass unterschiedliche Kommunikationsformen in Betracht kommen. So ist ein persönliches Gespräch beim Leistungsträger nicht für alle Menschen mit Behinderungen barrierefrei, etwa wenn eine Beeinträchtigung der Mobilität vorliegt.[125] Komorek et al. weisen auf die Notwendigkeit einer Befähigung insbesondere bei Menschen mit kognitiven oder kommunikativen Beeinträchtigungen hin, um eine Benachteiligung zu vermeiden. Eine Bedarfsermittlung auf Augenhöhe setzt geschulte Teilhabeplanerinnen und -planer mit ausreichend Zeit und Sensibilität für die kommunikativen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten voraus.

Möglicherweise geben Regelungen zur Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe wertvolle Anregungen für das Rehabilitations- und Teilhaberecht. Beispielsweise könnten Ombudsstellen (§ 9a SGB VIII) eingerichtet werden, die bei der Konfliktlösung helfen.[126] Es gibt zwar mehrere Anlaufstellen für Menschen mit Behinderungen wie die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb, Werkstatträte und Frauenbeauftragte in der WfbM, Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB), Schlichtungsstellen bei den Beauftragten für Menschen mit Behinderungen etc., aber diese haben immer nur eine begrenzte Zuständigkeit. Ombudsstellen können die Partizipationschancen von Leistungsberechtigten erweitern.

VII. Forschungsdesiderat

Es gibt bislang nur wenige Studien zum Thema Bedarfsermittlung. Sie unterscheiden sich außerdem in Methodik, Reichweite und Aussagekraft. Die wenigen empirischen Erkenntnisse lassen deshalb auch noch viele Fragen zu den tatsächlichen Partizipationsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten offen. So konnten Dobslaws Studie und jene von Komorek et al. die Perspektive der Leistungsberechtigten bereits beleuchten. Im Rahmen der Pilotierung des TIBs und des BEI-BW wurden zwar Leistungsberechtigte bzw. einzelne Personen von Selbstvertretungsorganisationen befragt, die an der (partizipativen) Evaluation des Instruments mitwirkten, eine „Befragung der Personen, die das Bedarfsermittlungsverfahren [unter realen Bedingungen] durchlaufen haben, erfolgte jedoch nicht“.[127]

In der Studie von Diedrich et al. sowie im Teilhabeverfahrensbericht wurden ausschließlich die Leistungsträger befragt und nur letzterer enthält aussagekräftige Zahlen zum Träger der Eingliederungshilfe. Jedoch fokussierte keine der Studien die Partizipationsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten aus Sicht der Leistungsberechtigten.

Notwendig ist eine Untersuchung dazu, ob und welche Informationen Leistungsberechtigte von den Reha-Trägern zur Bedarfsermittlung auch hinsichtlich der Tragweite des Verfahrens erhalten. Wie werden sie über den Ablauf, ihre Partizipationsmöglichkeiten und Unterstützungsangebote informiert? Wie schätzen sie die Partizipation ein, falls sie erfolgt ist? Wie barrierefrei sind die Angebote der Reha-Träger? Wie werden sie genutzt? Wissen die Leistungsberechtigten, welche Fristen gelten, und was passiert, wenn sie diese nicht einhalten? Wissen sie auch, was sie tun können, wenn Reha-Träger Fristen nicht einhalten? Wie individuell ist die Bedarfsermittlung? Wie umfassend werden Kontextfaktoren, Wünsche und Ziele ermittelt? Welche Wünsche und Ziele werden ggf. nicht berücksichtigt? Welche Anpassungsbedarfe gibt es aus Sicht der Leistungsberechtigten?

Auch Komorek et al. betonen in Bezug auf die Einführungsphase des neuen Teilhabeinstruments in Berlin die Relevanz einer Auseinandersetzung mit den Sichtweisen der Leistungsberechtigten, die das Verfahren durchlaufen haben, auf die Bedarfsermittlung. Den Autorinnen und Autoren zufolge könnten in einem qualitativen Forschungsdesign, „die angenommenen Einzelbestandteile und Wirkungen (hier bspw. partizipatives, personenzentriertes, empowerndes ressourcen- und sozialraumorientiertes Gespräch, welches die Lebenssituation, die Teilhabebedarfe, Ziele und den Willen der leistungsberechtigten Person erfasst und berücksichtigt) mit den faktischen Erfahrungen der Leistungsberechtigten“[128] gegenübergestellt werden.

Mit dem BTHG und den Gemeinsamen Empfehlungen der BAR wurden die Partizipationsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gestärkt. Bislang fehlen jedoch empirische Erkenntnisse dazu, wie diese Möglichkeiten tatsächlich genutzt werden (können) und ob die neuen Regelungen ausreichen.

VIII. Ausblick

Der vorliegende Beitrag hat wesentliche Forschungslücken im Hinblick auf die Umsetzung der Bedarfsermittlung identifiziert und offene Fragen formuliert. Die Autorinnen werden einige dieser Fragen aufgreifen und sie in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit Co-Forschenden mit Behinderungen empirisch untersuchen. Ein besonderer Fokus soll auf der Perspektive der Leistungsberechtigten liegen und welche Erfahrungen sie im Rahmen der Ermittlung ihrer Bedarfe im Lebensbereich Arbeit gemacht haben.

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Beitrag von Lea Mattern, M.A., Ulrike Peters, B.A., Dr. Tonia Rambausek-Haß, alle Humboldt-Universität zu Berlin

Fußnoten

[1] Vgl. Bundestags-Drucksache 18/9522, S. 233.

[2] Vgl. Rambausek-Haß, Beyerlein, 2018, S. 3

[3] Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 15; § 36 Abs. 3 GE-Reha-Prozess; Die Träger der EGH werden in § 118 SGB IX explizit dazu verpflichtet.

[4] Vgl. Bundestags-Drucksache 18/9522, S. 239.

[5] BAR, 2016.

[6] Vgl. Bötticher, Kuhn-Zuber, 2019, S. 51.

[7] Vgl. Bundestags-Drucksache 18/9522, S. 193.

[8] Laub, 2021, S. 74.

[9] Laub, 2021, S. 74.

[10]  Vgl. Beck et al., 2018, S. 20 f.

[11]  Vgl. Schnurr, 2018, S. 1126 ff.

[12]  Vgl. Laub, 2021, S. 201.

[13]  Vgl. Laub, 2021, S. 85.

[14]  Vgl. Laub, 2021, S. 76 f.

[15]  Laub, 2021, S. 78 f zit. n. Munsch, 2003, S. 7.

[16]  Vgl. Laub, 2021, S. 78.

[17] Es kann angenommen werden, dass Mitglieder benachteiligter Gruppen ihre Chance auf sozialen Aufstieg eher skeptisch sehen. Diese Einstellung „schwappt“ gewissermaßen auf die Einschätzung der Wirkung, die Partizipation haben kann, über (Spill-Over-Effekt; vgl. Laub, 2021, S. 80).

[18]  Vgl. Laub, 2021, S. 81.

[19] Vgl. V. Unger, 2014, S. 45.

[20]  Hitzler/Messmer, 2010. Group Decision-Making in Child Welfare and the Pursuit of Participation. In Qualitative Social Work 9, S. 205–226.

[21] Vgl. Schnurr, 2018, S. 1126 ff.

[22]  Vgl. Schäfers, Wansing, 2016, S. 15.

[23]  Vgl. Welti, 2018, S. 135.

[24]  Vgl. Welti, 2018, S. 135.

[25]  Vgl. Welti, 2018, S. 135.

[26]  Bundestags-Drucksache 18/9522, S. 231.

[27]  Vgl. Becker, KommJur 2019, S. 442.

[28]  Vgl. BAR et al., 2019, S. 13.

[29]  Vgl. BAR et al., 2019, S. 36.

[30]  Vgl. BAR et al., 2019, Abb. 1, S. 14.

[31]  Vgl. BAR et al., 2019, S. 13. Die Bedarfsermittlung findet dann beim Leistungserbringer statt, wenn Teilhabeleistungen durchgeführt werden, um das Erreichen definierter Teilhabeziele sicherzustellen oder ggfs. die festgelegten Ziele nachzujustieren. In dieser Phase der Durchführung ermitteln Leistungserbringer und Reha-Träger im Dialog mit dem/der Leistungsberechtigten die Bedarfe (vgl. ebd.).

[32]  Um Leistungen zu bemessen oder die individuell geeigneten und erforderlichen Leistungen auszuwählen, greifen die Reha-Träger über Auftragsvergaben auch auf Angebote von Leistungserbringern zurück (vgl. BAR et al., 2019, S. 13).

[33]  DVfR, 2021a.

[34]  Vgl. BAR, 2021a, S. 6.

[35]  Bundestags-Drucksache 18/9522, S. 232

[36]  Vgl. Diedrich et al, 2019, S. 21.

[37]  Vgl. BAR et al., 2019, S. 31.

[38]  Bei der Beantragung von Reha-Leistungen gilt demzufolge das Prinzip der Meistbegünstigung (vgl. BAR et al., 2019, S. 21) „Das Meistbegünstigungsprinzip bei der Auslegung von Anträgen [...] bedeutet zunächst [...], dass für die Auslegung eines Antrags – unter Berücksichtigung aller Umstände – der erkennbare wirkliche Wille des Antragstellers maßgebend ist [...] Die Auslegung hat nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zu erfolgen [...] Danach ist, sofern eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, davon auszugehen, dass der Antragsteller alle nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen begehrt, unabhängig davon, welchen Antragsvordruck er hierfür benutzt oder welchen Ausdruck/Begriff/Formulierung er selbst gewählt hat“. (BeckOGK/Spellbrink, 1.12.2020, SGB I § 16 Rn. 32)

[39]  Becker, KommJur 2019, S. 442.

[40]  Vgl. BAGüS, 2018, S. 15.

[41]  Vgl. BAR, 2021a, S. 11.

[42]  Vgl. Welti, 2018, S. 135.

[43]  BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 30/14 R, Rn. 18.

[44]  Die Träger der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe können sich an den Empfehlungen orientieren oder ihnen beitreten (§ 26 Abs. 5 SGB IX).

[45]  BAR, 2019, S. 14.

[46]  BAR, 2019, S. 15; Herv. d. Aut.

[47]  BeckOK SozR/Kaiser, 66. Ed. 1.9.2022, SGB IX § 117

[48]  Vgl. BAGüS, 2018, S. 4.

[49]  BAGüS, 2018, S. 15.

[50]  BAR, 2016.

[51]  Vgl. Laub, 2021, S. 76.

[52]  Vgl. Schnurr, 2018, S. 1126 ff.

[53]  Rohrmann et al., 2011, S. 29.

[54]  Vgl. Komorek et al. 2021, S. 77 f.

[55]  Die EUTB beraten gem. § 32 Abs. 2 SGB IX zu allen Rehabilitations- und Teilhabeleistungen. Auf diese Weise sollen sie die Beratung der Reha-Träger ergänzen.

[56]  Beck, et. al, 2018, S. 24.

[57]  Vgl. Rohrmann et al., 2011.

[58]  Diedrich et al., 2019, S. 15.

[59]  Dazu gehören gem. § 6 SGB IX die gesetzlichen Krankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die Träger der Alterssicherung der Landwirte, die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Träger der Eingliederungshilfe.

[60]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 24f.

[61]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 17.

[62]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 12.

[63]  Diedrich et al., 2019, S. 98.

[64]  Die Eingliederungshilfeträger sind Träger einzelner LTA (z. B. Budget für Arbeit, Budget für Ausbildung, in der WfbM und bei anderen Leistungsanbietern). Sie wurden in der Studie von Diedrich et al. nicht weiter berücksichtigt, weil sie sich nur in geringer Anzahl beteiligten (vgl. Diedrich et al., 2019, S. 18).

[65]  Diedrich et al., 2019, S. 36 ff.

[66]  Unter partizipativen Gesprächen werden persönliche Gespräche zwischen den Leistungsberechtigten und den Rehabilitationsträgern verstanden (vgl. Diedrich et al., 2019, S. 55, 59). „Die partizipativen Gespräche dienen nicht allein dazu, zielführend notwendige Informationen zu gewinnen, sie unterstützen insbesondere auch den Aufbau einer Vertrauensbasis mit den leistungsberechtigten Menschen. Dabei muss darauf verwiesen werden, dass die Durchführung dieser Gespräche sehr aufwendig ist und viele personelle und zeitliche Res-sourcen bindet.“ (Diedrich et al., 2019, S. 55). Die Frage im Fragebogen lautete: „Wie werden die notwendigen Informationen und Daten für die Bedarfsermittlung bei Ihrem Träger / in Ihrer Organisation erhoben? (Mehrfachnennung)“ (Diedrich, 2019, S. 71). Als Antwortmöglichkeiten konnten noch folgende Kategorien ausgewählt werden: Medizinische, psychologische o. ä. Unterlagen, Medizinische, psychologische o. ä. Untersuchungen, Aktenlage.

[67]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 71.

[68]  Leider geht aus der zitierten Grafik bzw. deren Deskription nicht hervor, wie genau die Personen einbezogen wurden (vgl. Diedrich et al., 2019, S. 72). Die Frage im Fragebogen lautete: „Worauf basiert die Ermittlung der individuellen Teilhabebeeinträchtigungen bei Ihrem Träger / in Ihrer Organisation?“ (Diedrich et al., 2019, S. 72).

[69]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 75; Persönliche Gespräche werden nicht näher erläutert, scheinen aber z. T. in Anspruch genommen zu werden, wenn Fälle komplexer sind (vgl. Diedrich et al., 2019, S. 70). Bei der Unfallversicherung werden persönliche Gespräche möglicherweise durch Krankenhausaufenthalte der leistungsberechtigten Personen verhindert.

[70]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 55 f.

[71]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 58.

[72]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 59.

[73]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 87.

[74]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 88.

[75]  Vgl. Diedrich et al., 2019, S. 91.

[76] Vgl. Dobslaw, 2016, S. 166.

[77]   Vgl. Dobslaw, 2016, S. 167.

[78]   Vgl. Dobslaw, 2016, S. 167 ff.

[79]   Vgl. Dobslaw, 2016, S. 179.

[80]   Vgl. Dobslaw, 2016, S. 176ff.

[81]   Vgl. BAR, 2022, S. 63.

[82]  Vgl. BAR, 2021b, S. 4.

[83] 2018 waren es 531.010 Anträge (vgl. BAR, 2019, S. 40).

[84]  Vgl. BAR, 2022, S. 63.

[85]  Vgl. BAR, 2022, S. 72; Das liege z. T. an ihrer nachrangigen Zuständigkeit im Bereich der LTA (vgl. BAR, 2022, S. 224).

[86]  Vgl. BAR, 2022, S. 76.

[87]  Vgl. BAR, 2022, S. 81.

[88]  Vgl. BAR, 2022, S. 86 f; Als Erklärung wird hier auf die Umstrukturierungen durch das BTHG verwiesen (vgl. BAR, 2022, S. 226).

[89]  Vgl. BAR, 2022, S. 103. Die Träger der EGH mussten die Umstellungen managen, die sich durch die Herauslösung aus dem SGB XII ergaben. Dies hat vermutlich auch zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen beigetragen (vgl. BAR, 2022, S. 226).

[90]  Vgl. BAR, 2022, S. 184. Im Jahr davor wurde nur 1 % der Leistungsberechtigten informiert (vgl. BAR, 2021b, S. 155).

[91]  Vgl. BAR, 2022, S. 137f. Die Zahlen für die Anträge mit Teilhabeplanung haben deutlich zugenommen: Ein Jahr zuvor waren es noch 2 % (vgl. BAR, 2022, S. 125).

[92]  Vgl. SenIAS, 2023; Vgl. SenIAS, 2021, S. 2. Die Einführungsphase dauerte drei Monate und endete mit dem 30.09.2021.

[93]  Vgl. Komorek et al., 2021, S. 1.

[94]  Vgl. Komorek et al., 2021, S. 1.

[95]  Vgl. Komorek at al., 2021, S. 20, 38.

[96] Vgl. Komorek et al., 2021, S. 3; Die Autorinnen verwenden auch die Begriffe Willenszentrierung oder Klientenzentrierung.

[97] Vgl. Komorek et al., 2021, S. 78.

[98] Vgl. Komorek et al., 2021, S. 65.

[99] Vgl. Komorek et al., 2021, S. 76.

[100] Vgl. Komorek et al., 2021, S. 59.

[101]Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Leistungsberechtigten selbst keine Einschätzung über ihren Teilhabegrad abgegeben haben und die Gespräche nicht unter realen Bedingungen (ohne Zeit und Leistungsbewilligung als Folge) stattfanden“. (Vgl. Komorek et al., 2021, S. 77)

[102] Komorek et al., 2021, S. 53 f.

[103] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 8 f.

[104] Dazu gehörten Mitarbeitende des Fallmanagements bzw. der Eingliederungshilfe der Stadt- und Landkreise sowie des Medizinisch Pädagogischen Diensts des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (vgl. Fietkau et al., 2019, S. 36).

[105] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 32.

[106] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 37.

[107] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 36.

[108] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 39, 48.

[109] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 52.

[110] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 54.

[111] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 55.

[112] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 68f.

[113] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 69.

[114] Vgl. Fietkau et al., 2019, S. 61.

[115] Welti, 2011, S. 56.

[116] Vgl. Welti, 2011, S. 55.

[117] Vgl. Laub, 2021, S. 21.

[118] Vgl. Laub, 2021, S. 133.

[119] Vgl. Laub, 2021, S. 183.

[120] Vgl. Laub, 2021, S. 184.

[121] Laub, 2021, S. 184.

[122] Laub, 2021, S. 185.

[123] Komorek et al., 2019, S. 71.

[124] BAR et al. 2019, S. 27.

[125] Vgl. DVfR, 2021b.

[126] Vgl. Schnurr, 2018, S. 1126 ff; vgl. Vorschlag des Berliner Teilhaberates (Beschluss Nr. 01/ II/2021 des Berliner Teilhabebeirats vom 27.08.2021) In einzelnen Städten gibt es solche Einrichtungen, wie etwa in Hamburg oder Groß-Gerau.

[127] Komorek et al., 2021, S. 70.

[128] Vgl. Komorek et al., 2021, S. 70.


Stichwörter:

Bedarfsermittlung, individuelle Bedarfssituation, Gesamtplankonferenz, Gesamtplanverfahren, Deutsche Rentenversicherung (DRV), Bundesagentur für Arbeit (BA), Rehabilitationsträger, Kooperation der Rehabilitationsträger, Teilhabeplan, Partizipation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben


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